Gut 10 Jahre (!) Jahre nach restrukturierender Gestaltung einer Drittelbeteiligten Holding GmbH in eine SE & Co KG entschied der EuGH: der Einsatz arbeitnehmerlos gegründeter SE im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung erfordert weder die Nachholung eines Beteiligungsverfahren zur Verhandlung über Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmern, noch führt es zu einer verpflichtenden Beteiligung von Arbeitnehmern im Aufsichtsgremium, sofern das Unternehmen später operativ tätig wird. Das gilt selbst dann, wenn die Beschäftigten zuvor im Aufsichtsrat vertreten waren. Einen Missbrauch schloss der EuGH bei der zugrunde liegenden Gestaltung aus.
Hintergrund: Viele familiengeführte mittelständische Unternehmen wollen aufgrund langjähriger Grenzüberschreitender Tätigkeit ihre gesellschaftsrechtliche Struktur diesen Gegebenheiten anpassen: Der Einsatz einer europäischen Aktiengesellschaft (von lat. Societas Europaea – SE) bietet sich hier an. Unsicherheiten mit Blick auf Information und Beteiligung von Arbeitnehmern erschwerten diesen Schritt jedoch.
Strukturell eine Aktiengesellschaft, kann eine Beteiligung von Arbeitnehmern im SE-Aufsichtsgremium erzwungen werden, wenn das Unternehmen zuvor verpflichtet war, einen von Arbeitnehmern mitbestimmten Aufsichtsrat zu gründen. Ist das nicht der Fall, so wird nach einer Restrukturierung unter Einsatz einer SE dieser Zustand „eingefroren“: Wächst das erfolgreiche Unternehmen also und beschäftigt mehr als 500 Arbeitnehmer (das ist der „Schwellenwert“, bei dessen Erreichung eine Arbeitnehmerbeteiligung obligatorisch ist), sind Arbeitnehmer also auch dann nicht in das Aufsichtsgremium aufzunehmen. Sind mehr als 500, aber weniger als 2000 Beschäftige vorhanden, bleibt es bei der sogenannten Drittelbeteiligung; eine paritätische Besetzung des Aufsichtsgremiums ist nicht erforderlich.
Während dieser Ansatz auf europäischer Ebene akzeptiert ist, kämpfen Arbeitnehmervertreter gegen diesen Zustand an und auch im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass dieser „Einfrierungseffekt“ abgeschafft werden soll.
Demgegenüber erweitert das aktuelle Urteil die Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen. Mittelständische und familiengeführte Arbeitgeber, die die Führung ihres Unternehmens in der eigenen Hand behalten wollen, sollten dies nutzen.
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(Quelle: Urteil des EUGH vom 16.05.2024 – C-706,22)